Doch weit gefehlt. Weil stumm nur ist, wer nichts sagen kann (oder wie der Fernseher stumm geschaltet ist), geht „taubstumm“ nicht.
Denn die allermeisten Gehörlosen sprechen! Und zwar Gebärdensprache (die übrigens nicht international ist): Eine Sprache, die komplett visuell ist, den Raum in der Höhe, Tiefe und Breite ausnutzt und mit Händen, Mimik und Körperhaltung ihre Sätze formt. Dabei gibt es so einige Unterschiede zur sogenannten Lautsprache, also der akustischen Sprache. Während in der Lautsprache alle Wörter der Reihe nach genannt werden müssen, kann die Gebärdensprache ganze Sätze in einer einzigen Bewegung zusammenfassen. Sie ist dabei kein Hilfsmittel, sondern bedient sich ganz eigener grammatikalischer Regeln, da sie als Sprache natürlich entstanden ist. Dabei ist sie einer Bilder- oder Filmsprache fast schon näher: Besonders in der Gebärdensprachpoesie werden Stilmittel eingesetzt, die sich am ehesten mit Schnitten und Zooms beschreiben lassen. Auch Rollenübernahmen zur Darstellung verschiedener Sprecher:innen oder Standpunkte gibt es. So ist ein Zeigefinger, der durch die Luft kurvt, erst ein Auto in der Entfernung, dann machen die Hände die Lenkerbewegungen nach: Die Sprecherin übernimmt jetzt selber die Rolle der Autofahrerin. Wenn die Fahrerin mit der Beifahrerin spricht, wird so auch die Rolle und der Blickwinkel übernommen. Feinheiten, die sich Anfänger:innen erst nach und nach erschließen. […]