Archivierter Artikel aus der “Wirtschaftswoche”:

Die Neigung der Deutschen zum Blaumachen ist belegt. Eine vorsichtige Reduzierung der Lohnfortzahlung in den ersten Krankheitstagen könnte helfen. Ein Kommentar.

Eine neue Scheißidee, die in die ähnliche Kerbe schlägt, wie schon die Debatte der arbeitsverweigernden Bürgergeldempfänger: Weil ein zu vernachlässigender Prozentsatz der Leute das System für sich ausnutzt, sollen dafür alle bestraft werden. Dieses Mal: krank feiern.

    • nicerdicer@feddit.orgOP
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      5 days ago

      Ja, ist es. Nur mit dem Unterschied, dass man im Home-Office keine Kürzung des Gehalts zu erwarten hat. Vermutlich ist es doch so, dass diejenigen, die solche Verdachtsmomente erheben, ihr eigenes Verhalten projizieren (im Home-Office arbeitet man nicht, wer sich krankschreiben lässt, macht blau, und Bürgergeldempfänger machen sich einen faulen Lenz).

      Das höhere Ziel solcher Ideen soll wahrscheinlich sein, dass der Arbeitnehmer sich etwas unterwürfiger dem Arbeitgeber präsentiert, denn die “Bock auf Arbeit”- Kampagne von Herrn Lindner kam ja nicht so gut bei den Arbeitnehmern an:

      • wenn ich mich krankschreiben lasse, dann kommt der Arbeitgeber zu Kontrolle vorbei (siehe Tesla), und unterstellt mir trotzdem, dass ich blau mache, also geh ich lieber krank zur Arbeit. So vermeide ich auch Gehaltseinbußen.
      • bevor ich als fauler Sozialschmarotzer gebrandmarkt werde, nehme ich lieber den Scheißjob mit der hohen Pendelzeit an, bzw., wenn ich mich gegen die Arbeitsbedingungen auflehne, dann ist man rucki-zucki den Job wieder los
      • ich arbeite lieber etwas länger von zuhause aus (ohne es aufzuschreiben), damit nicht der Eindruck entsteht, ich würde nur meine Haushaltsarbeiten machen, außerdem lasse ich mir Trackingsoftware installieren, damit der Arbeitgeber auch sehen kann, dass ich arbeite

      Der nächste logische Schritt wäre, dass der Arbeitgeber auch den Wohnraum stellt - praktischerweise wird die Miete gleich mit dem Arbeitsentgelt verrechnet. Bei Kündigung ist man dann zügig obdachlos. Hoffentlich kommen solche Ideen nicht.

  • hsdkfr734r@feddit.nl
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    8 days ago

    die telefonische Krankschreibung erspart den lästigen Gang in die Praxis. Endlich mal ein unbürokratisches Verfahren, möchte man loben. Doch verlockt es nicht dazu, mal eben locker krank zu feiern?

    Oh Mann. Der “Journalist” steckt ja tief in der Materie. Es ist gerade 6 Tage her:

    AOK-Link

    Die AOK-Vorstandsvorsitzende Dr. Carola Reimann ging auf einen anderen Aspekt ein, der zuletzt im Zusammenhang mit den hohen Krankenständen diskutiert worden ist: Mitte September hatte Bundes-finanzminister Christian Lindner die Abschaffung der telefonischen Krankschreibung gefordert, weil es eine Korrelation zwischen dem hohen Krankenstand und der Einführung dieser Maßnahme gebe.

    „Diese gefühlte Wahrheit können wir nicht bestätigten“, betonte Reimann. „Verschiedene Auswertungen des WIdO zu den Fehlzeiten in der Pandemie lassen den Schluss zu, dass mit der damals neu eingeführten Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung sehr verantwortungsvoll umgegangen worden ist.“ Weder 2020 noch 2021 seien im Zusammenhang mit der damals neu eingeführten Option höhere Krankenstände zu sehen gewesen.

    Edit: Oh. Gerade zu Ende gelesen den wiwo-Artikel. Er kennt den AOK- Beitrag und gibt ihn falsch wieder. Das ist nicht Unwissen sondern Täuschung durch eine falsche Aussage.

  • kshade@lemmy.world
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    7 days ago

    Diese Kolumne des stellvertretenden Chefradakteurs hat mich faules Stück vorhin endlich dazu gebracht dieses Wirtschaftsheulblatt bei Google News auf die Sperrliste zu setzen. Nicht nur argumentiert der werte Herr so als würden nur körperliche Beschwerden eine Krankmeldung rechtfertigen und sich der Status einer kranken Person nicht in den Stunden nach dem aufstehen rapide verschlechtern können, er haut auch unironisch sowas raus:

    In Schweden etwa, auch nicht gerade das Land des wilden Manchester-Kapitalismus, wird der Lohn erst nach einem Krankheitstag weitergezahlt, und garantiert auch nur zu 80 Prozent. Die weitaus meisten Arbeitnehmer dürfte dies kaum ins soziale Elend stürzen, aber vielleicht manchen dazu bringen, die Bettkantenentscheidung noch mal zu überdenken.

    Blau machen mit einem wirtschaftlichen Interesse der Arbeitnehmer bekämpfen zu wollen ist doch quatsch, das Interesse hat ein wirklich kranker Mensch doch auch. Gerade die Minderheit die tatsächlich von der Hand in den Mund lebt wird dann eben doch krank zur Arbeit erscheinen, sich und andere gefährden und potentiell noch viel mehr Schaden anrichten als nur ihren eigenen Arbeitsausfall.

    So weit ich weiß ist es durchaus möglich ab dem 1. Krankheitstag eine ärztliche Bescheinigung zu fordern. Nur spart man so natürlich kein Geld auf Arbeitgeberseite.

    Nebenbei: Ich bin dieses Jahr tatsächlich öfter krank gewesen als die davor, bisher 2x Erkältung und 1x Corona. Hoffe es bleibt dabei.

    • KasimirDD@feddit.org
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      7 days ago

      Krankenschein ab erstem Tag ist halt ein dicker Stinkefinger zum Vertrauen in die Arbeitnehmer. Wer krank ist hat gerade am ersten Krankheitstag nicht unbedingt Bock, sich ins Wartezimmer zu hocken. Was mich mal interessieren würde: wenn ich zwei Tage ohne Arzt krank bin, bin ich am dritten wieder da. Wenn ich am Ersten zum Doc gehe, schreibt der mich die ganze Woche krank. Ob’s da Statistiken zu gibt?

    • Saleh@feddit.org
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      7 days ago

      Doch natürlich. Guck dir doch diesen Text an. Arbeit ist das definitiv nicht. Der Autor hat eine Studie mit Stichprobengröße eins, sich selbst, die zu einem eindeutigen Ergebnis kommt.